02 - Russland, das lesefreundlichste Land? Oder wieso kann mein Taxifahrer Puschkin zitieren?

Folge zwei geht einem weit verbreiteten Mythos auf den Grund: Sind die Russ*innen das lesebegeistertste Volk der Erde, und zwar durch alle Gesellschaftsschichten? Alltagsbeobachtungen lassen Barbara und Jürg darauf schließen: In Bücher vertiefte Passagiere in der Moskauer U-Bahn, Primetime-Werbespots in Gedichtform, Heine zitierende Grenzposten. Birgit Menzel, Professorin für russische Literatur und Kultur an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, klärt auf, was an dieser Ansicht dran ist und nimmt uns mit auf eine Reise in die (scheinbar ständig lesende) sowjetische Gesellschaft der 1970'er Jahre. Im Gespräch, das über den Samizdat* bis hin zu Rap-Battles und stihi.ru alle Facetten von Literatur in Russland abdeckt, kommt die Eingangsfrage doch sehr ins Wanken - und eine neue These zeichnet sich am Horizont ab.  *Samizdat = сам sam ‚selbst‘ und издательство isdatelstwo ‚Verlag‘ bezeichnete in der Sowjetunion die Verbreitung von alternativer, nicht systemkonformer Literatur über nichtoffizielle Kanäle. Gedichte:  Robert Rozhdestvensky "Человеку мало надо" (Der Mensch braucht wenig), 1973  Joseph Brodsky "Л.В.Лифшицу" (An L.V. Livshits), 1971 Igor Severyanin "Увертю́ра" (Ouvertüre), 1915 Literaturangaben und -empfehlungen: Alexei Yurchak: Everything Was Forever, Until It Was No More. The Last Soviet Generation (Princeton University Press) Birgit Menzel: "Vom Print zu Pixel. Buchmarkt und Lesen in Russland" (in: Osteuropa 1-2/2019) DJ Stalingrad: Exodus (Matthes & Seitz) Elena Guro: Lieder der Stadt (Friedenauer Presse) Einen herzlichen Dank an Birgit Menzel für das wundervolle und lehrreiche Interview sowie an Sergei und Olesia für ihre Gedichtrezitationen. Kasha Today ist Teil des Projektes CETKA des ZK/U Berlin, gefördert durch das Auswärtige Amt.

Om Podcasten

Kasha* Today ist der Spiegel in die Alltagskultur Russlands: Die Hosts Barbara und Jürg öffnen Kochtöpfe voll Buchweizen, reisen in Zugabteilen von Wladiwostok nach Moskau und hören Garagen-Rock aus dem russischen Norden. Kasha klärt über das auf, was ihr über Russland nicht gewusst oder auch nur geahnt habt. Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine setzte dem ursprünglichen Konzept ein Ende - wie kann man in dieser Zeit noch über und mit Russland sprechen? Genau das thematisieren wir. Initiiert vom ZK/U, moderiert von Barbara Anna Bernsmeier und Jürg Andreas Meister.